Bedeutende Spielerinnen – Alfreda Hausner

Alfreda Hausner – „Ich fahre auf Lachurlaub…“

Sehr betrübt müssen wir bekannt geben, dass Alfreda Hausner im April 2019 im 92. Lebensjahr nach einem erfüllten Schach-, Berufs- und Privatleben verstorben ist. Das unten stehende Interview mit ihr ist eine schöne Erinnerung an sie.

Frau Schach hatte die einmalige Gelegenheit die zweifache Damenstaatsmeisterin und vielfache Schacholympiateilnehmerin Alfreda Hausner kennenzulernen.

Die sympathische Vollblutschachspielerin lädt Frau Schach zu sich in ihre Wohnung im Pensionistenheim Tratzerberg auf ein Gespräch. Frau Schach ist mit Stift und Block bewaffnet und Frau Hausner hat ihr wirklich dickes „Schachfotoalbum“ parat. Frau Schach kann eigentlich sehr schnell mitschreiben (ist ja doch schon fast ein Interviewprofi), aber mit der Informationsflut von Frau Hausner hat sie nicht gerechnet. Eine so langjährige Schachkarriere lässt sich fast nicht in einem üblichen „Frau Schach Gespräch“ zusammenfassen.

Deshalb möchte ich gleich darauf hinweisen, dass die Leistungen von Frau Hausner (Turniersiege, Turnierteilnahmen, Schachreisen, Simultanveranstaltungen, ….)  nur lückenhaft wiedergegeben werden. Dieses Gespräch soll nur einen kleinen Eindruck über das Wirken von Frau Hausner im und für das Österreichische Frauenschach ausdrücken.

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1. Frau Hausner, wie sind Sie zum Schach gekommen?
Ich habe durch meinen Vater Schach gelernt. Auch mein Großvater hat Schach gespielt. Ich habe dann aber später gemerkt, dass ich von beiden eher, sagen wir mal, unorthodoxes Schach gelernt habe. Ich musste dann später viele Fehler ausbessern, was mir aber offensichtlich sehr gut gelungen ist.

2. Können Sie Ihren Lebensweg kurz erzählen?
Eigentlich bin ich Kärntnerin (1927 in Wolfsberg geboren), aber 1938 bin ich mit meinen Eltern nach Wien gekommen. Wie so oft hat die Arbeitslosigkeit auf dem Land die Menschen in die Stadt getrieben. Wir hatten aber auch Glück, da wir uns in einem kleinen Häuschen mit einem großen Garten im 22. Bezirk (beim Mühlenwasser) während der entbehrungsreichen Kriegsjahre dank Selbstversorgung über Wasser halten konnten. In dieser Zeit habe ich eigentlich nicht Schach gespielt. Mein Vater war im Krieg und ich habe eine Lehre als Bürokauffrau gemacht. Da war keine Gelegenheit zum Schachspielen. Nach dem Krieg habe ich den Lehrlingsbetrieb (abgeschlossene Ausbildung zur Bürokauffrau) verlassen und habe eine Anstellung bei der Gemeinde Wien angenommen. In dieser Zeit lernte ich meinen späteren Ehemann kennen. Mit Schach habe ich erst wieder während der Schwangerschaft mit meiner Tochter begonnen. Nach der Geburt meiner Tochter habe ich mich noch selbständig gemacht (ein Geschäft für Schneiderzubehör, Wolle und Kleinkindermode). Ich wusste schon immer, dass ich ein eigenes Geschäft haben möchte.

3. Wie haben Sie wieder zum Schach gefunden?
Als ich schon ein Geschäft hatte (zwei Angestellte) und Mutter war, haben wir die Sonntage fast immer an der Alten Donau verbracht. Dort habe ich an einem Sonntag Frau Dr. Kattinger (die Grande Dame des Wiener Schachs) kennengelernt und mit ihr gespielt. Sie hat mich sofort in den Schachclub Hietzing mitgenommen. So hat es begonnen. Von da an war ich einmal in der Woche im „Alserhof“ im Schachclub Hietzing und es ging dann alles Schlag auf Schlag. Schach war aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken. 1953 wurde ich Damenstaatsmeisterin (Horn) und 1976 das 2. Mal Damenstaatsmeisterin (Krems). Ich habe aber auch an vielen Olympiaden teilgenommen und viele zweite Plätze erreicht.

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4. Wie gestaltete sich die Turniervorbereitung?
Eigentlich für heutige Begriffe sehr mager (keine computerunterstützten Analysen etc.). Wir wurden von unserem Trainer begleitet und unterstützt, aber eigentlich hat man nur am Abend davor die Partien der Gegnerinnen analysiert.

 

 

 

 

5. Wie war das viele Reisen für Sie?
Ach, ich habe es geliebt.
Frau Hausner zückt ihr Fotoalbum und eine bewegende Turniergeschichte tut sich auf:
1957 ein internationales Turnier in Holland, 1960 ein Freundschaftsturnier in Innsbruck, 1966 die Staatsmeisterschaft in Mauerkirchen, 1971 Staatsmeisterschaft in Itta in Tirol, 1974 die Olympiade in Kolumbien, 1976 die Schacholympiade in Haifa/Israel (dies war eine der schönsten Olympiaden), 1977 die Staatsmeisterschaft in Vorarlberg, 1980 die Olympiade auf Malta und Damenländerturnier in Luzern. Ein besonderes Highlight war aber bestimmt die Einladung 1981 von GM Alexei Stepanowitsch Suetin nach Moskau in den „Schachpalast“. Dann folgte noch 1983 das internationale Turnier in Arosa. 1983 die Olympiade in Thessaloniki … Ich habe auch an unzähligen Freundschaftsturnieren teilgenommen, zum Beispiel in München, Innsbruck, Stuttgart, …
Die vielen internationalen Turniere nicht zu vergessen: Abazia, Holland, Arosa, Biel, Davos …
Ich habe auch mindestens 20 Mal an den Schischachwochen in Obernberg am Brenner teilgenommen. Das war immer besonders lustig.

6. Was würden Sie so als Höhepunkt Ihrer Schachkarriere betrachten?
Ach, da fällt mir die Entscheidung schwer, da es so viele schöne und ganz besondere Erlebnisse gab. Die Teilnahmen an den Olympiaden waren immer etwas ganz Besonderes für mich. Ein Höhepunkt war aber sicher der dritte Platz bei der Seniorenweltmeisterschaft in Bad Wörishofen 1987 mit 60 Jahren.

Der dritte Platz bei der WM in Bad Wörishofen, 1987

Der dritte Platz bei der Senioren WM in Bad Wörishofen, 1987

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7. Wie hat Ihre Familie und Ihr Geschäft auf das viele Reisen reagiert?
Mein Mann hat meine Schachkarriere immer sehr unterstützt. Manchmal hat er mich auch begleitet. Ohne Hilfe der Familie hätte ich aber die vielen Turniere sicher nicht so ruhig meistern können. Auch auf die beiden Angestellten im Geschäft konnte ich mich voll und ganz verlassen. Ich habe auch während des Jahres außer am Clubabend (also einmal in der Woche) kaum trainiert. Erst bei der Olympiade bzw. Staatsmeisterschaft selber hatte man die Gelegenheit für Training und Analysen. Bevor ich auf Schachreise gefahren bin, habe ich immer gesagt: „Ich bin jetzt mal weg, denn ich fahre auf ‚Lachurlaub‘ !“ Die Schachturniere waren eine ganz besonders schöne Zeit in meinem Leben. Der Zusammenhalt unter uns Schachfrauen (Fr. Dr. Kattinger, Frau Wilma Samt, Frau Henning, Frau Dür und Frau Hausner = das starke Frauenteam dieser Zeit) war sehr groß. Wir haben uns alle sehr gemocht und manche Kontakte bestehen bis heute.

8. Was macht für Sie die Faszination des Schachs aus?
Mich haben Glücksspiele nie besonders interessiert. Mich fasziniert, dass man sich den Sieg besonders hart erkämpfen muss.

9. Spielen Sie noch Schach einfach so?
Nein, leider lässt es mein Gesundheitszustand nicht mehr zu. Ich bin noch ab 1984 ins österreichische Seniorenschach übergetreten und habe fast zehnmal beim Seniorenschachturnier in Maria Alm teilgenommen. Seit zirka zehn Jahren habe ich aber meine schachlichen Aktivitäten leider sehr einschränken müssen.

Alfreda Hausner, am Beginn einer großen Schachkarriere

Alfreda Hausner, am Beginn einer großen Schachkarriere

 

 

 

Frau Schach dankt für das wunderbare Gespräch und ist glücklich, so eine herausragende Schachpersönlichkeit kennengelernt zu haben.